In der ungarischen Sprache gibt es bei Konjugationen und Deklinationen immer verschiedene Varianten: Und zwar nicht (wie z. B. im Deutschen), verschiedene Geschlechter, sondern es dreht sich immer alles darum, ob es sich bei einem Wort um eine „dunkles“, „helles“ oder „gemischtes“ handelt. Dies wird durch die im Wort vorkommenden Vokale definiert.
Dunkle und helle Vokale
Man unterscheidet im Ungarischen zwischen velaren Lauten (werden am Gaumensegel, dem Velum, gebildet) und palatalen Lauten (werden am vorderen Gaumen, dem Palatum, gebildet). Als einfachere Unterscheidung bezeichnen wir erstere als dunkel und letztere als hell.
dunkle (velare) Vokale | helle (palatale) Vokale |
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a, á, o, ó, u, ú | e, é, i, í, ö, ő, ü, ű |
Merkhilfe: autó (Auto) | Merkhilfe: teniszütő (Tennisschläger) |
Dunkle, helle und gemischte Wörter
Wörter werden, ja nach den enthaltenen Vokalen, in 3 Gruppen eingeteilt:
Helle Wörter | Dunkle Wörter | Gemischte Wörter |
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Diese Wörter beinhalten nur helle Vokale. | Diese Wörter beinhalten nur dunkle Vokale oder dunkle Vokale und i, í. | Diese Wörter, meist fremder Herkunft, bestehen sowohl aus hellen aus auch dunklen Vokalen. |
ötven (50), eszik (essen), fehér (weiß), üveg (Flasche), … | asztal (Tisch), huszonhat (26), olvas (lesen), lassú (langsam), … | elefánt (Elefant), terasz (Terasse), … |
Je nachdem, welcher Gruppe ein Wort angehört, erhält es das entsprechende Suffix.
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Weitere Bedeutungen der beiden Lautgruppen
In einigen Fällen benutzt die ungarische Sprache den Unterschied zwischen hell und dunkel auch, um Unterschiede auszudrücken oder geschichtlich, um neue Worte zu formen. (Dies aber nur als Ergänzung; die entsprechende Bedeutung findet sich natürlich im Wörterbuch).
Nähe und Ferne | ez (dieses) – az (jenes) itt (hier) – ott (dort) |
Intensität einer Handlung | libeg (schweben) – lobog (lodern) |
Zusammensetzung von Zwillingswörtern | izeg-mozog (sich hin und her bewegen) heje-huja (Radau) zene-bona (Krawall) |
Bedeutungswandel | család (Familie) cseléd (Knecht, Magd) |
Wählen der richtigen Endung
Wörter erhalten im Ungarischen oft eine Endung (Suffix). Viele dieser Endungen existieren in mehreren Formen:
Suffixe mit 1 Form | Suffixe mit 2 Formen | Suffixe mit 3 Formen |
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Nehmen keine Rücksicht auf die Vokalharmonie – es gibt nur eine Form der Endung. | Unterscheiden zwischen einer hellen und einer dunklen Form. | Die helle Form teilt sich in eine Variante mit Lippenrundung (ö, ő, ü, ű) und Lippenspreitzung (e, i, …) |
-ig (bis) -kent (als) | -ban/-ben (in etwas) -unk/-ünk (1. Pers. Pl. Verbkonj.) | -hoz/-hez/-höz (zum) -on/-en/-ön (auf) |
Der Vokal des Suffixes muss mit den Vokalen im Wort harmonieren – die so genannte „Vokalharmonie“:
Helle Form | Dunkle Form | ü/ö (Lippenrundung) |
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Alle hellen Wörter. | Alle dunklen und gemischten Wörter. | Bei Wörtern mit ü, ű, ö und ő als letzten Vokal. |
üvegbe (in die Flasche) beszélünk (wir sprechen) | olvasunk (wir lesen) csinálunk (wir machen) | sofőrhöz (zum Fahrer) ötször (5 mal) |
Zusammengesetzte Wörter | Einsilbige Wörter mit „i“ | Wörter aus Fremdsprachen |
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Bei zusammengesetzten Wörtern kommt es auf das letzte Wort an. | Einsilbige Wörter mit „i“ können sowohl hell als auch dunkel sein. | Hier kommt es auf den letzten Vokal des Wortes an. |
bablevesbe (in die Bohnensuppe) előszoba (ins Vorzimmer) | filmról (über den Film) hídról (über die Brücke) | computerről (über den Computer) szoftverben (in der Software) |
Es existieren in etwa 60 helle Wörter (die meisten mit „i/í“, manche mit „é“) die sich historischen Gründen wie ein dunkles Wort verhalten. Hier einige Beispiele (einschließlich der oben genannten einsilbigen Wörter mit „i/í“):
cél (Ziel) → célom (mein Ziel) | íj (Bogen) → íjam (mein Bogen) |
csík (Streifen) → csíkom (mein Streifen) | ír (schreiben) → írom (ich schreibe) |
derék (Taille) → derékam (meine Taille) | iszik (trinken) → iszom (ich trinke) |
férfi (Mann) → férfiak (Männer) | nyíl (Pfeil) → nyílam (mein Pfeil) |
fing (Furz) → fingok (ich furze) | nyílik (sich öffnen) → nyílhat (könnte sich öffnen) |
fiú (Sohn) → fiam (mein Sohn) | nyit (öffnen) → nyitom (ich öffne) |
gyík (Eidechse) → gyíkom (meine Eidechse) | sír (weinen) → sírok (ich weine) |
héj (Schale) → héjam (meine Schale) | sír (Grab) → sírom (mein Grab) |
híd (Brücke) → hidam (meine Brücke) | szid (schimpfen) → szidom (ich schimpfe) |
hív (rufen) → hívom (ich rufe) | szív (atmen) → stívom (ich atme) |
hízik (zunehmen) → hízom (ich nehme zu) | visít (kreischen) → visítom (ich kreische) |
indít (starten) → indítom (ich starte) | zsít (Fett) → zsírom (mein Fett) |
Verwendete Quellen
(Szita és Görbe 2009, 2010, 2014), S. 146
(Hegedűs 2006), S. 97
(Szent-Iványi 1995), S. 13
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