Die ungarische Sprache ist – obwohl Ungarn in Europa liegt – keine indoeuropäische Sprache. Den offiziell anerkannten Theorien zufolge gehört die ungarische Sprache zum ugrischen Zweig der finno-ugrischen Sprachen – der größten Untergruppe der uralischen Sprachen.
Da die ungarische Sprache weit genug von allen anderen Sprachen entfernt ist, sind ihre Ursprünge und verwandten Sprachen nicht so offensichtlich wie beispielsweise Spanisch und Italienisch, die beide lateinische Sprachen sind, oder Polnisch und Russisch, die beide slawische Sprachen sind.
Die vergleichende Sprachwissenschaft ordnet das Ungarische zusammen mit dem Chantischen und dem Mansischen, den Sprachen zweier indigener Völker Westsibiriens mit jeweils wenigen tausend Sprechern, der ugrischen Untergruppe der finno-ugrischen Sprachen zu. Die finno-ugrischen Sprachen wiederum bilden zusammen mit der kleinen Gruppe der samojedischen Sprachen die uralische Sprachfamilie:
Die Verwandtschaft zwischen den verschiedenen dieser Familie angehörigen Sprachen lässt sich vielfach vor allem über die Sprachstruktur nachweisen, während der Wortschatz zuweilen nur noch wenige Ähnlichkeiten aufweist. So sind die Urformen des Finnischen und Ungarischen schon seit vielen Jahrtausenden getrennt, und die Verwandtschaft ist nicht näher als die Beziehung verschiedener indogermanischer Sprachen wie etwa Deutsch und Persisch. Das Ungarische ist mit 14.5 Millionen Sprechern die größte uralische Sprache und macht 56 % aller Sprecher uralischer Sprachen aus (Finnisch 20 %, Estnisch 4,2 %).
Auch heute sind keineswegs alle Probleme der internen Gliederung des Uralischen gelöst. Gerade in den letzten Jahren wurden scheinbar sichere Erkenntnisse – wie die Zweiteilung des Finnisch-Ugrischen in eine finnisch-permische und ugrische Komponente – in Frage gestellt. Die künftige Forschung wird zeigen, welche Korrekturen hier vorgenommen werden müssen.
Einflüsse aus anderen Sprachen
Uralische Periode
Das genaue Entstehungsgebiet der ungarischen Sprache ist nicht bekannt, aber es wird angenommen, dass der ursprüngliche Siedlungsraum der Magyaren östlich des südlichen Uralgebirges lag. In dieser Zeit wurde die Sprache hauptsächlich von anderen uralischen Sprachen beeinflusst.
Wörter aus dieser Periode
víz (Wasser): Ähnlichkeiten mit Wörtern in anderen uralischen Sprachen wie Finnisch „vesi“ und Wogulisch „vit“.
fa (Baum): Ähnliche Wörter für Baum in anderen uralischen Sprachen wie Finnisch „puu“ und Wogulisch „pa“.
Altungarische Periode („Landnahme“)
Im 9. und 10. Jahrhundert wanderten die Stämme der Ungarn in das heutige Karpatenbecken ein und gründeten ihr eigenes Königreich. Während dieser sogenannten „Landnahme“ kam die ungarische Sprache in Kontakt mit anderen Sprachen, wie zum Beispiel der slawischen, lateinischen und türkischen. Diese Kontakte führten zu einem gewissen Einfluss auf das ungarische Vokabular und die Grammatik.
Wörter aus dieser Periode
papucs (Schlapfen):
von osmanisch „pabuç“
szalonna (Speck):
von slawisch „slanina“
Mittelalterliche Periode
Während des Mittelalters hatte Latein einen starken Einfluss auf das Ungarische, insbesondere im Bereich der Kirche, Bildung und Verwaltung. Viele lateinische Wörter und Ausdrücke wurden in den ungarischen Wortschatz aufgenommen.
Wörter aus dieser Periode
iskola (Schule):
vom lateinischen „schola“
mulya (Maulesel):
vom lateinischen „mula“
Neuzeitliche Periode
Im 16. und 17. Jahrhundert hatten das Türkische und das Deutsche einen großen Einfluss auf das Ungarische. Während der Osmanischen Herrschaft im 16. Jahrhundert wurden viele türkische Wörter übernommen, vor allem im Bereich der Alltagssprache, der Kochkunst und der Militärterminologie. Das Deutsche beeinflusste die Sprache vor allem im Bereich der Wissenschaft, des Handels und der Kultur.
Wörter aus dieser Periode
pogácsa (Pogatsche; salziger Kuchen):
vom türkischen „poğaça“
polgár (Bürger):
vom deutschen „Bürger“
Zeitalter der ungarischen Reformen
Im 18. und 19. Jahrhundert suchten die ungarischen Intellektuellen eine stärkere Verbindung zu den westeuropäischen Ländern, insbesondere zum deutschsprachigen Raum. In dieser Zeit wurden viele deutsche Wörter in das Ungarische übernommen, vor allem im Bereich der Wissenschaft, Technologie, Handel und Kultur.
Wörter aus dieser Periode
rajzol (skizzieren):
vom österreichischen Wort „reißn“, deutsch „reißen“
selejt (Ausschuss):
vom deutschen „schlecht“
Die ungarische Sprache hat im Laufe der Zeit also eine ganze Reihe von Einflüssen erlebt, aber sie hat ihre eigene Struktur, Grammatik und Identität bewahrt.
Verwendete Quellen
(Arcanum 2023), https://www.arcanum.com/en/online-kiadvanyok/Lexikonok-magyar-etimologiai-szotar-F14D3/